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Förderinstrumente am Arbeitsmarkt

Das Sozialgesetzbuch (SGB) bietet auch für Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung vielseitige Möglichkeiten von unterstützenden Leistungen zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe. Es bietet vielfältige Leistungen und Möglichkeiten der Unterstützung bei der erwerbsbezogenen Perspektiventwicklung und Instrumente zur Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung u.v.m. an.
Im Folgenden finden Sie ausgewählte Förderinstrumente im Rahmen der Sozialgesetzbücher SGB II, SGB III, SGB VI und SGB XI (neu).

Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende können - basierend auf der erstellten Stärken- und Potentialanalyse - in Zusammenarbeit mit der persönlichen Ansprechpartnerin/dem persönlichen Ansprechpartner in der Arbeitsvermittlung und im Fallmanagement unterschiedliche Förderinstrumente zum Einsatz kommen.

Ziel ist dabei die Eingliederung in Arbeit/Ausbildung, bzw. die Verminderung oder Beseitigung der Hilfebedürftigkeit. Maßgeblich für die Entscheidung über eine Förderung sind die Eignung, die individuelle Lebenssituation, insbesondere die familiäre Situation, die voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit und die Dauerhaftigkeit der Eingliederung. Neben niedrigschwelligen Maßnahmen zur Heranführung an den Arbeitsmarkt und Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung werden auch Maßnahmen, die eine direkte Arbeitsaufnahme fördern/herbeiführen sollen, gefördert.

Kommunale Eingliederungsleistungen gem. §16a SGB II zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit sind gesetzlich verankert. Folgende Beratungsleistungen fallen darunter:

  • Schuldnerberatung
  • Suchtberatung
  • Beratung zu Kinderbetreuung
  • Beratung zur Pflege von Angehörigen
  • Psychosoziale Beratung

 

Die Umsetzung dieser Beratung ist eine kommunale Aufgabe und wird aufgrund dessen in den Jobcentern unterschiedlich gestaltet.

Förderinstrumente und Maßnahmen

AGH = Arbeitsgelegenheit

Der § 16d SGB II bietet ein Förderinstrument zur Erhaltung und Wiedererlangung der Beschäftigungsfähigkeit, die für die Eingliederung in Arbeit erforderlich sein kann. Wichtig ist, dass die zu verrichtenden Arbeiten im öffentlichen Interesse liegen, wettbewerbsneutral und zusätzlich sind. In einem Zeitraum von fünf Jahren dürfen Leistungsbeziehende nicht länger als 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten vom Jobcenter zugewiesen sein. Zwölf weitere Monate können unter besonderen Voraussetzungen bewilligt werden.

 

FAV = Förderung von Arbeitsverhältnissen

Ein Arbeitgeber kann Zuschüsse zum Arbeitsentgelt gemäß §16e SGBII erhalten, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem erwerbsfähigen Leistungsbezieher ein Arbeitsverhältnis begründet ist. Der Zuschuss richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers und beträgt bis zu 75% des Arbeitsentgeltes. Dabei muss im Vorfeld eine Langzeitarbeitslosigkeit und mindestens zwei weitere Vermittlungshemmnisse vorliegen.

 

ÖgB in NRW = Öffentlich geförderte Beschäftigung (gem. SGB II und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds)

In NRW werden als Landesprogramm sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gefördert. Die Förderung erfolgt durch die Jobcenter, die Kommunen und den ESF. Es geht um eine besonders benachteilige Zielgruppe im SGB II, die in befristeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen vor allem in gemeinnützigen und öffentlichen Betrieben gefördert wird. Die Arbeitsplätze sind arbeitsmarktnah ausgestaltet, die Entlohnung erfolgt tariflich oder zum ortsüblichen Lohn. Von den Jobcentern erhalten die Träger einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 75% für maximal 24 Monate. Die Beschäftigten werden von Jobcoaches unterstützt.

 

Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsmarkt, gem. § 16i SGB II

Ziel ist es, eine längerfristige Beschäftigung für sehr arbeitsmarktferne Personen, die innerhalb der letzten sieben Jahre, mindestens sechs Jahre im SGB II-Bezug oder nur kurzzeitig beschäftigt waren, zu schaffen. Es bestehen erleichterte Zugangsvoraussetzungen für Leistungsberechtigte, die mit mindestens einem Kind zusammenleben oder bei denen eine Schwerbehinderung vorliegt. In den ersten beiden Jahren übernimmt das Jobcenter die Personalkosten zu 100%. Ab dem dritten Jahr erfolgt eine Übernahme von  90%, im vierten Jahr 80% und im fünften Jahr 70% der Lohnkosten. Eine ganzheitliche, beschäftigungsbegleitende Betreuung soll durch die Agentur für Arbeit organisiert werden.

 

Maßnahme zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen gem. § 16e SGB II

Um eine Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Werden gemäß § 16e SGBII sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Personen gefördert, die mindestens zwei Jahre arbeitslos sind und bei denen sonstige Eingliederungsleistungen bis dato nicht gegriffen haben. Ein Arbeitgeber erhält einen Lohnkostenzuschuss zum Arbeitsentgelt von 75% im ersten und 50% im zweiten Jahr. Der Arbeitsvertrag muss für mindestens zwei Jahre geschlossen werden. Es besteht keine Nachbeschäftigungspflicht. Im ersten Halbjahr ist eine ganzheitlich beschäftigungsbegleitende Betreuung durch die Agentur für Arbeit zu organisieren.

 

Modellprojekt der freien Förderung gem. § 16f SGB II : BeTa (das sogenannte „Aachener Modell“) = Betreute Tagesstruktur

BeTa ist eine Weiterentwicklung der Leistungen nach § 16f SGB II i.V.m § 67 SGB XII. Da dieses Modell erstmals in der Städteregion Aachen unter Beteiligung des LVR und dem Jobcenter durchgeführt wurde, nennt man es auch Aachener Modell. Das Jobcenter finanziert eine Aufwandspauschale für die Inanspruchnahme tagesstrukturierender Angebote bei einem Beschäftigungsträger im Rahmen der freien Förderung. Der LVR gewährt bei entsprechendem Unterstützungsbedarf zusätzliche ambulante Leistungen zum selbständigen Wohnen gemäß § 67 SGB XII.

Arbeitsförderung (SGB III)

In der Regel halten die Agenturen für Arbeit keine spezifischen Angebote für Menschen mit einer Suchterkrankung vor. Es stehen ihnen alle Leistungsangebote zur Verfügung, die im Rahmen der individuellen Beratung und unter Berücksichtigung der Leistungs- und Potenzialanalyse vereinbart und in Anspruch genommen werden können.

 

AVGS = Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein

Nach § 45 SGB III können in diesem Rahmen Trainingsmaßnahmen zur Qualifizierung
und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gefördert werden. Inhalte können sein:
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen, Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung, Heranführung an eine selbstständige Tätigkeit oder Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme. Die Dauer beträgt in der Regel sechs Monate mit der Option auf Verlängerung.

 

Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI)

Die Rentenversicherung erbringt ebenso Leitungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Jedoch nur um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten und um ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbleben zu verhindern. Überwiegend erfolgt dies im Kontext der medizinischen Rehabilitation. Dabei sind auch Eingliederungszuschüsse an den Arbeitgeber sowie individuelle Qualifizierung über den Rentenversicherungsträger möglich.

Bundesteilhabegesetz - BTHG (SGB IX)

Am 16.12.2016 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung - das Bundesteilhabegesetz (BTHG) - verabschiedet. Mit dem BTHG werden mehr Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen geschaffen. Auch Menschen mit einer Suchterkrankung sind oftmals von Behinderung bedroht oder weisen aufgrund vielschichtiger gesundheitlicher Einschränkungen Behinderungen auf.

Die Veränderungen durch das BTHG stellt die bisher größte Reform des SGB IX und gleichzeitig einen Systemwechsel dar und wird bis zum 01.01.2023 in vier Reformstufen in Kraft treten.

Fachinformationen und sehr gut aufbereitete Informationsmaterialien finden Sie auf der Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation.

 

Die Neuausrichtung hat gemäß der UN Behindertenrechtskonvention zum Ziel die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung durch mehr Selbstbestimmung und mehr Teilhabe zu verbessern. Sie bringt viel Veränderung bei den Teilhabeplanverfahren Hilfe- und Bedarfsplanung mit sich.