Niedrigschwellige Suchthilfeangebote zur Schadensminderung
Angebote der Überlebenshilfe und der Schadensminderung haben sich in vielen Städten, Gemeinden und Kreisen bewährt.
Für die Zielgruppe der Menschen mit einer schweren Abhängigkeitsproblematik können Angebote zur Schadensminderung einerseits Risiken und Schädigungen größtmöglich senken, andererseits kann auch der öffentliche Raum entlastet werden. Kostspielige Behandlungen möglicher Folgeschäden z.B. durch übertragbare Krankheiten wie HIV oder Hepatitis C können ebenso wie Überdosierungen oder drogenbedingten Todesfällen vermieden werden. Angebote der Überlebenshilfe und der Schadensminderung haben sich als wirksam erwiesen. Die zunehmende Problematik der Menschen mit einer Cracksubstanzstörung stellt betroffene Kommunen vor besondere Herausforderungen.
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. als Dachgesellschaft der Suchthilfeträger in Deutschland hat folgende Maßnahmen der Schadensminderung in ihrem Positionspapier „Crack und Fentanyl – Maßnahmen der Schadensminderung ausbauen vom April 2024 genannt:

Niedrigschwellige Hilfen zielen darauf ab, die unmittelbaren Risiken des Substanzkonsums zu verringern. Ihr Fokus liegt auf der Verhinderung einer Verschlimmerung („harm reduction“) und der Stabilisierung vorhandener Ressourcen, ohne dass dabei zwingend eine sofortige Abstinenz erreicht werden muss. Langfristig sollen diese Hilfsangebote dazu anregen, weiterführende Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Vorrang hat jedoch häufig zunächst die Sicherstellung grundlegender Bedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft, Kleidung und medizinische Grundversorgung. Beispiele hierfür sind Kontaktläden, Wärmestuben und Tagestreffs, die ohne Vorbedingungen und auf Wunsch auch anonym genutzt werden können.
Notschlafstellen: Für wohnungslose Menschen, die Substanzen konsumieren, sind geeignete Notschlafplätze hilfreich. Dabei sind sanitäre Einrichtungen wichtig, um Verwahrlosung und gesundheitliche Probleme zu vermeiden. Bei der Planung ist entscheidend, dass diese Orte für Betroffene leicht zugänglich sind und keine unnötigen Hürden bestehen.
- Niedrigschwellige Wohnangebote: Ebenso hilfreich ist ein Angebot an betreuten Wohnformen, wie Betreutes Wohnen, Housing First oder „Endlich ein Zuhause“. Diese Wohnformen können den unterschiedlichen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden.
Aufsuchende Hilfen wie Straßensozialarbeit, mobile medizinische oder ärztliche Versorgung und niedrigschwellige Versorgungsangebote wie Tagesruhezonen, nächtliche Anlaufstellen und psychosoziale Grundversorgung helfen den Betroffenen.
- Medizinische Notfallversorgung: Sowohl stationäre als auch mobile Notfalldienste, beispielsweise die medizinische Versorgung in Bussen, können in medizinischen Krisensituationen helfen. Dazu gehören neben Überdosierungen auch Verletzungen sowie psychiatrische Notfälle wie akute psychotische Episoden.
- Drogenkonsumräume bieten ein sicheres und hygienisches Umfeld für den Drogenkonsum. Sie können den Konsum im öffentlichen Raum reduzieren. Die Bereitstellung von Konsumutensilien hilft, Infektionen zu vermeiden. Im Falle von Überdosierungen können Notfallmaßnahmen eingeleitet werden. Besonders Rauchplätze in Konsumräumen haben sich bewährt. Drogenkonsumräume können einen einfachen Zugang zu weiteren Hilfsangeboten zur Reduktion des Konsums oder für den Ausstieg eröffnen.
- Drug Checking: Konsumierende können ihre mitgebrachten Substanzen mittels Schnelltests auf Verunreinigungen und Wirkstoffgehalt überprüfen lassen. Hierdurch sinkt das Risiko von Vergiftungen und Überdosierungen. Sobald die erforderlichen rechtlichen Grundlagen vorliegen, kann in NRW in Drogenkonsumräumen die Möglichkeit zum Drug Checking angeboten werden.
- Safer Use Hinweise und Utensilien: Informationen zur Vermeidung von Überdosierungen und Infektionen haben sich bewährt. Infektionsgefahren können durch kostenlose sterile Konsumutensilien und Spritzen reduziert werden.
- Naloxonmitgabe und Schulungen zur Anwendung: Das Notfallmedikament Naloxon kann lebensbedrohliche Überdosierungen verhindern, da es die durch Opioide verursachte Atemdepression aufhebt. Der Einsatz in Szene und Umfeld kann einen Beitrag zur Vermeidung von drogenbedingten Notfällen leisten. Die Schulung im Umgang mit Naloxon hat sich auch bei Ordnungskräften bewährt.
- Niedrigschwellige Drogenberatung: Neben den niedrigschwelligen Einrichtungen spielt eine sofort zugängliche Drogenberatung eine zentrale Rolle in der Unterstützung von Konsumierenden.
Medizinische Grundversorgung
Zum Angebot der medizinischen Grundversorgung sind im Positionspapier der DHS folgende wichtige Aspekte aufgeführt, die zu einer Verbesserung der Situation in Städten und Gemeinden beitragen können:

- Aufbau von Netzwerkstrukturen des medizinischen Akutbereichs mit der niedrigschwelligen Suchthilfe: Die verschiedenen Hilfsangebote
vor Ort sollten eng miteinander vernetzt sein. Die Einbindung der sozialpsychiatrischen und gemeindepsychiatrischen Versorgung in diese Strukturen hat sich bewährt. Die Verfügbarkeit niedrigschwellig zugänglicher medizinischer – insbesondere psychiatrischer – Erst- und Akutversorgung ist hilfreich. Für Personen
ohne Krankenversicherung sind zur Klärung einer Kostenübernahme Clearingstellen erprobt.
- Substitutionsgestützte Therapie bei Opioidabhängigkeit: Bei Menschen mit Opioidabhängigkeit hilft der Zugang zu geeigneten Substitutionstherapien,
einschließlich der Diamorphinsubstitution bzw. die Originalstoffvergabe, in Kombination mit psychosozialer Betreuung. Es hat sich bewährt, die beteiligten Akteur*innen in die örtlichen Kooperationsstrukturen zu integrieren.
- Bereitstellung von Entgiftungsplätzen: Die Bereitstellung von Entgiftungsplätzen in Krankenhäusern und spezialisierten Kliniken ist hilfreich für eine erfolgreiche Vermittlung in die Entzugsbehandlung.
- Vermittlung in spezifische Angebote der Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen für Konsumierende illegaler Drogen: Neben der Entgiftung ist die Entwöhnung im Rahmen der Rehabilitation eine zentrale Behandlungsform bei Abhängigkeitserkrankungen. Ein gut vernetztes lokales Suchthilfesystem trägt zu einem nahtlosen und unkomplizierten Übergang in die spezialisierte Rehabilitation bei.
- Monitoring der örtlichen Drogensituationzur Anpassung der Hilfemaßnahmen: Zur Ermittlung des Hilfebedarfs vor Ort kann ein Monitoring der örtlichen Drogensituation hilfreich sein.