Digitalisierung ambulante Suchthilfe

DigiSucht-Projekt Bund

Entstehung

Durch diese gesamtgesellschaftliche Corona-Krise ist zunächst der Bedarf an digitalen Kommunikationsangeboten gestiegen. Um den Kontakt zu Menschen mit Suchtproblemen, die zur Hochrisikogruppe für eine Covid 19-Erkrankung gehören, überhaupt halten zu können und Krisensituationen abzufedern, sind kurz danach aber auch entsprechende digitale Hilfeangebote in der Suchthilfe sprunghaft angestiegen.

Es fand im Jahr 2020 ein umfassender Aufbauprozess der Suchthilfeeinrichtungen statt, unterschiedlichste digitale Formate zu entwickeln und anzubieten. Dieser begrüßenswerte Entwicklungsschub stand im Kontext der ohnehin zu entwickelnden digitalen Beratungsstrukturen in der Suchthilfe. Die „Essener Leitgedanken zur digitalen Transformation in der Suchthilfe“ beschreiben den inhaltlichen Kern eines solchen Entwicklungsanfangs gut.

Seit Anfang 2020 wird auf Bundesebene unter Mitwirkung von Fachgesellschaften und langjährig erfahrenen Vertreterinnen und Vertreter aus der Praxis der Suchthilfe an einem Konzept für eine bundesweit einheitliche, trägerunabhängige digitale Plattform als Zugang zur Suchthilfe gearbeitet (Digitale Suchtberatung, Konzeption einer trägerübergreifenden digitalen Beratungsplattform für die kommunale Suchtberatung).

Im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG), das seit 08/2017 für Bund, Land und Kommunen gültig ist, sollen den Bürger*innen bis Ende 2022 der Onlinezugang zu Hilfen, Informationen und Unterstützung, Kontaktaufnahme und Beantragung von Leistungen digital ermöglicht werden. In einem schrittweisen Vorgehen werden ein Sozialleistungsfinder sowie die Basisfunktionalitäten Beratungsstellenfinder, Terminvereinbarung, Video-und Chatfunktion umgesetzt. Die so genannte Sozialplattform soll Ratsuchenden helfen, Unterstützung zu finden – online oder vor Ort. Das OZG deckt für die Suchtberatung den Erstzugang zu Leistungen und Informationen der Suchthilfe ab.

Mindestanforderungen

Anforderungen der Suchthilfe an die Funktionalitäten einer digitalen Suchtberatungsplattform (bspw. Durchführung strukturierter, digitaler Beratungsprogramme; Maßnahmen zum Qualitätsmanagement; Umsetzung von Blended Counseling) sind im Rahmen der OZG-Sozialplattform in absehbarer Zeit nicht realisierbar.

Um den im DigiSucht Konzept sowie in den Mindestanforderungen formulierten Erfordernissen möglichst zeitnah gerecht zu werden, wurden im Zuge der Fortführung des DigiSucht Projektes die für eine digitale Suchtberatung notwendigen Funktionalitäten auf einer eigenständigen, digitalen Suchtberatungsplattform bereitgestellt.

Die spezifischen administrativen Strukturen der Suchthilfe in den Bundesländern muss bei der Umsetzung der digitalen Suchtberatung auf Bundesebene berücksichtigt werden. Dafür ist es wichtig, dass eine Landeskoordinierung für das Suchthilfesystem aus Nordrhein-Westfalen eingerichtet wird, die u.a. die Anschlussfähigkeit ermittelt und in die Wege leitet. Die Geschäftsstelle der SuKo NRW wurde mit dieser Aufgabe betraut.

Die Geschäftsstelle der SuKo NRW dient als Kommunikationszentrale für die Suchthilfeeinrichtungen in NRW. Wir stellen den Transfer des Bundeskonzepts sicher und begleiten den Anschluss der Beratungsstellen an die Suchtberatungsplattform. Auf Länderebene sind wir mit den relevanten Gremien im Austausch und kanalisieren die jeweiligen Bedarfe und Grenzen bzw. erarbeiten NRW-spezifische Anpassungen der Beratungsplattform.

Projekthintergrund

DigiSucht ist ein Projekt zum Aufbau einer trägerübergreifend nutzbaren, technischen Infrastruktur für die digitale Suchtberatung.

Seit 2020 entwickelte die delphi Gesellschaft für Forschung, Beratung und Projektentwicklung mbH in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren ein Konzept und arbeitete an der Umsetzung. Entwicklung & Erprobung der DigiSucht-Plattform wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gefördert. Im September 2022 wurden über 80 Suchtberatende aus mehr als 40 Beratungsstellen und 13 Bundesländern geschult. Der Modellbetrieb der Plattform DigiSucht startete im Oktober 2022 und endet Ende 2023. Der Betrieb der Plattform und die bundesweite Koordination des Projekts wird seit 2024 anteilig von den beteiligten Bundesländern finanziert.

An der Erstellung des DigiSucht Konzepts, das als Grundlage für den Aufbau der DigiSucht Plattform dienen soll, waren Landesstellen für Suchtfragen, zuständige Landesministerien, Suchthilfeträger sowie Berater*innen aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachen und Hessen beteiligt.

Seit Ende 2020 wurden sukzessive weitere Landes- bzw. Fachstellen, Landesministerien sowie die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in die entsprechende Arbeitsgruppe des Projektes (AG DigiSucht) eingebunden. Über die AG DigiSucht werden die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesstellen (BAGLS) sowie die AG Suchthilfe der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden über Projektfortschritte informiert.

Darüber hinaus waren Pilotberatungsstellen an der Entwicklung der technischen Lösung als Fachexpertinnen und -experten beteiligt und haben bei Bedarf auch Ratuschende in die Erprobung von Prototypen eingebunden. Im Rahmen des DigiSucht Projektes waren sie überdies in die Bearbeitung fachlicher und organisatorischer Fragestellungen eingebunden. Die Pilotberatungsstellen wurden im Frühjahr 2021 kurzfristig über das DigiSucht Projekt sowie über die DHS rekrutiert. Insgesamt waren 13 Pilotberatungsstellen aus 10 Bundesländern beteiligt und beraten seit dem 17.10.2022 auf www.suchtberatung.digital.

Für den Bereich Qualitätsmanagement, insbesondere die Dokumentation digitaler Suchtberatung, wurde ein Austausch mit der AG Deutsche Suchthilfestatistik (AG DSHS) bzw. dem IFT München initiiert.


Um landesspezifische Expertise einzubinden und Anlaufstellen in den einzelnen Ländern zu schaffen, wurden die zuständigen Landesministerien gebeten, in jedem Bundesland eine Koordinierungsstelle zu benennen. Die Koordinierungsstellen sollen die Entwicklung und Umsetzung der digitalen Suchtberatung auf Landesebene unterstützten. Aktuell sind in folgenden Bundesländern Koordinierungsstellen für die digitale Suchtberatung offiziell benannt:

  • Baden-Württemberg (Landesstelle für Suchtfragen der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V.)

  • Bayern (Bayerisches Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG) sowie Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe (KBS))

  • Berlin (Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung)

  • Brandenburg (Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V.)

  • Bremen (Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Abteilung Gesundheit – Referat 46 Psychiatrie und Sucht / OKZ 46-3)

  • Hamburg (Freie und Hansestadt Hamburg Sozialbehörde – Amt für Gesundheit)

  • Hessen (Hessische Landesstelle für Suchtfragen)

  • Mecklenburg-Vorpommern (Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen MV)

  • Niedersachsen (Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen)

  • Nordrhein-Westfalen (Suchtkooperation NRW)

  • Rheinland-Pfalz (Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz sowie Landesstelle für Suchtfragen Rheinland-Pfalz)

  • Sachsen (Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.)

  • Sachsen-Anhalt (Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt)

  • Thüringen (Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e. V.)

Ziele

Das DigiSucht-Projekt ermöglicht kommunalen Suchtberatungsstellen die Umsetzung digitaler Suchtberatung. Mit einem länder- und trägerübergreifenden Ansatz, dem Aufbau entsprechender organisatorischer Strukturen, der systematischen Integration eines Qualitätsmanagements, der Bereitstellung digitaler Tools zur strukturierten Unterstützung von Verhaltensänderungen sowie Möglichkeiten zum Blended Counseling, soll das bislang existierende Angebot der digitalen Suchtberatung substantiell erweitert werden.

Für Ratsuchende wird mit der Plattform www.suchtberatung.digital eine zentrale und niedrigschwellige Anlaufstelle geschaffen, über die sie qualitätsgesicherte Beratung von kommunalen bzw. kommunal beauftragten Suchtberatungsstellen in Anspruch nehmen können.

Zentrale Anforderungen, die bei der Entwicklung der DigiSucht Plattform berücksichtigt werden sollen, sind im Dokument „Mindestanforderungen für die Umsetzung einer bundesweiten, trägerübergreifenden digitalen Suchtberatung“ festgehalten.

Weitere Informationen zur Suchtberatungsplattform finden sich im DigiSucht Konzept.

Die persönliche Beratung vor Ort ist und bleibt der fachliche Standard der kommunalen Suchtberatung. Digitale Angebote wie www.suchtberatung.digital können die Suchtberatung vor Ort jedoch ergänzen oder unterstützen, schaffen neue Zugangswege und können neue Zielgruppen erreichen. 

Zugang zur DigiSucht-Plattform erhalten interessierte Beratungsstellen dann über die von den zuständigen Landesministerien ernannten Landeskoordinierungsstellen. Vor dem Einstieg in die Nutzung der digitalen Plattform sind Schulungen der beteiligten Beratenden, sowohl hinsichtlich technischer als auch fachlicher Aspekte vorgesehen.

Bereits implementierte digitale Angebote der Suchtberatung können von den Suchtberatungsstellen bzw. den Suchthilfeträgern selbstverständlich auch weiterhin vorgehalten werden. Sowohl im Rahmen der Entwicklung der OZG-Sozialplattform als auch im Zuge der Entwicklung der DigiSucht Plattform wird die Einbindung existierender digitaler Angebote geprüft. Ob diese Einbindung über technische Schnittstellen realisiert werden kann oder anderweitig erfolgt, kann aktuell noch nicht abgesehen werden. Auch die Integration von Schnittstellen zu vorhandener Dokumentationssoftware zur Dokumentation der digital durchgeführten Suchtberatung soll im Zuge der Entwicklung geprüft werden.

Organisatorische Strukturen

Die digitale Beratung der Ratsuchenden auf www.suchtberatung.digital erfolgt durch Suchtberater*innen der kommunalen bzw. der kommunal beauftragten Suchtberatungsstellen.

Vor der Nutzung der digitalen Suchtberatung ist für Fachkräfte eine fachliche und technische Schulung vorgesehen.

Für die Zuordnung der Ratsuchenden zu den kommunalen Beratungsstellen werdenFaktoren wie die Postleitzahl, das Thema der Anfrage, das Alter oder auch das Geschlecht der Anfragenden berücksichtigt. Diese Angaben werden im Rahmen der initialen Registrierung der Ratsuchenden auf der Plattform abgefragt.

Die Beratung erfolgt seitens der Beratungsstellen über den Webbrowser eines internetfähigen Endgeräts (bspw. PC, Laptop, Mac). Eine spezielle IT-Ausstattung wird nicht benötigt.