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Digitale Wege in der Suchthilfe NRW

Durch den starken Einfluss der Coronapandemie hat die Suchthilfe in NRW einen unerwarteten Digitalisierungsschub durchlebt: Für die Versorgung der suchtkranken Menschen in NRW waren Methoden und Funktionen notwendig, die bislang eine eher geringe Rolle in der täglichen Arbeit gespielt haben.
Viele neue Angebote wuchsen aus dem Boden, Mitarbeitende haben über die unterschiedlichsten Instrumente videogestützte Beratungs- und Gruppenangebote entwickelt, E-Mails oder Telefonate wurden wichtige Kommunikationskanäle, um die Klientel überhaupt erreichen zu können.

In diesem Zusammenhang zeigen sich viele Bedarfe: Technische Ausstattungen wie Kamera oder digital nutzbare Endgeräte, Versorgung mit schnellen, stabilen Internetanschlüssen oder gar WLAN sind oft auch nach über einem Jahr der Pandemie nicht überall im Bundesland auf zufriedenstellendem Standard angekommen.

Hinzu kam Ende 2020 die schnell um sich greifende Nachricht, dass die Suchberatung im Zuge des Onlinezugangsgesetztes digitalisiert werden solle – verbunden mit Ängsten um Einsparungen, Überforderungen der eigenen zeitlichen, technischen und finanziellen Ressourcen – viel Unruhe in einer ohnehin herausfordernden Zeit.

 

Damit der Prozessverlauf und die verschiedenen Themenstränge besser nachvollziehbar sind, werden im Folgenden die einzelnen Bausteine der gesamten Entwicklung kurz skizziert.

Gerne laden wir Sie ein, das Gespräch mit uns als Koordinationsstelle für die Umsetzung der digitalen Suchtberatung in NRW zu suchen und gemeinsam für Transparenz und Austausch zu sorgen.

 

Themenstrang 1: Das OZG (Onlinezugangsgesetz)
  • Das OZG (8/2017) gilt für Bund, Länder und Kommunen.
  • Es umfasst 575 Leistungen, die digitalisiert werden sollen, wovon eine Leistung die Suchtberatung darstellt.
  • Jedem Bundesland wurde die Entwicklung verschiedener Leistungsbereiche zugeordnet. NRW ist für den Leistungsbereich „Arbeit und Ruhestand“ zuständig, wo die Suchtberatung untergeordnet wurde.
  • Den Bürgerinnen und Bürgern sollen bis Ende 2022 der Onlinezugang zu Hilfen, Informationen und Unterstützung, Kontaktaufnahme und Beantragung von Leistungen digital ermöglicht werden.
  • Es soll eine bundesweite Sozialplattform erstellt werden und ein Datenstandard vereinbart werden. Die Plattform ermöglicht einen zentralen Onlinezugang zu Sozialleistungen und vermittelt die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger an die zuständigen Stellen vor Ort.
  • Der Ansatz des OZG hat die Prämisse des Efa (Eines für alle), verschiedene Bundesländer sind für die Entwicklung von Lösungen für verschiedene Sozialleistungsbereiche zuständig, die später für die bundesweite Nutzung zusammengeführt werden.
  • In einem schrittweisen Vorgehen kommen zuerst der Sozialleistungsfinder sowie die Basisfunktionalitäten Beratungsstellenfinder, Terminvereinbarung, Video-und Chatfunktion sowie die restlichen 15+2 Sozialleistungen hinzu.
  • OZG deckt also für die Suchtberatung ab: Erstzugang zur Leistung und Informationen der Suchthilfe. Heißt bspw. Kontakt und Termin bei der Beratungsstelle.
  • Als Federführer des Themenfelds „Arbeit und Ruhestand“, zu dem u.a. auch die Suchtberatung gehört, steuert das Fachreferat IT/Digitales des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) dieErstellung der bundesweiten Sozialplattform.
  • Die OZG-Umsetzung hat Mittel aus dem Konjunkturpaket zur Verfügung, es kommen für die Entwicklung des Erstzugangs zur Leistung keine Kosten auf die Kommunen zu.
  • Begleitet wird das Vorhaben zudem durch weitere interne und externe Dienstleister, u. a. d-NRW AöR oder Deloitte. Welche Dienstleister für die technische Umsetzung der Onlineberatung sowie die Bereitstellung der hierfür benötigten Server beauftragt wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht abschließend definiert und wird im weiteren Projektverlauf final entschieden.

 

Herausforderung:

Zentrale Anforderungen der Suchthilfe an die Funktionalitäten einer digitalen Suchtberatungsplattform (bspw. Durchführung strukturierter, digitaler Beratungsprogramme; Maßnahmen zum Qualitätsmanagement; Umsetzung von Blended-counselling) sind im Rahmen der OZG-Sozialplattform in absehbarer Zeit nicht realisierbar.

 

Themenstrang 2: Das DigiSucht Projekt (Bund, delphi)
  • Der Bund lässt seit Frühjahr 2020 durch die delphi-Gesellschaft unter Beteiligung von zuerst 4 Bundesländern mit ihren Landesstellen Sucht ein umfassendes Konzept der digitalen, trägerübergreifenden Suchtberatung entwickeln. Gefördert wird das DigiSucht Projekt vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Verantwortlich für die Umsetzung ist die delphi Gesellschaft für Forschung, Beratung und Projektentwicklung mbH.
  • Absicht: Aufbau einer träger- und länderübergreifenden Plattform für die digitale Suchtberatung sowie Bearbeitung struktureller, fachlicher und organisatorischer Fragen in diesem Kontext.
  • Es gab eine gemeinsame Wegstrecke von OZG-Entwicklung und DigiSucht-Entwicklung.
  • Das DigiSucht-Konzept geht allerdings weit über das OZG hinaus (also mehr als Terminvereinbarung und die anderen Basisifunktionalitäten).
  • Um Funktionalitäten einer digitalen Suchtberatung umzusetzen, die nicht zum Spektrum der Sozialplattform gehören (insb. Voraussetzungen für ein Qualitätsmanagement, digitale Tools/Übungen, Möglichkeiten zum Blended-counselling) hat das BMG im August 2021 die Verlängerung des DigiSucht Projektes und den Aufbau einer eigenständigen Suchtberatungsplattform bewilligt. Seit 2022 findet die Implementierung des DigiSucht Konzeptes statt.
  • Seitens delphi gibt es eine FAQ-Seite online, wo Fragen zum Prozess beantwortet werden. Auf dieser Webseite finden Sie Informationen zum DigiSucht Projekt sowie zur Unterstützung der OZG-Sozialplattform, außerdem ebenfalls einen FAQ-Bereich.

 

Weiterer Prozessverlauf  

  • Vor diesem Hintergrund und auf Initiative mehrerer Landesstellen und Landesministerien wurden Gespräche mit dem BMG über die Fortführung des DigiSucht Projektes, die Kooperation mit dem MAGS NRW und den Aufbau einer eigenständigen Suchtberatungsplattform geführt.
  • Der Aufbau einer spezifischen Suchtberatungsplattform wurde dabei von allen Seiten begrüßt.
  • Um den im DigiSucht-Konzept sowie in den Mindestanforderungen formulierten Bedingungen möglichst zeitnah gerecht zu werden, sollen im Zuge der Fortführung des DigiSucht Projektes die für eine digitale Suchtberatung notwendigen Funktionalitäten auf einer eigenständigen, digitalen Suchtberatungsplattform bereitgestellt werden.
  • Dafür werden die im DigiSucht Konzept beschriebenen und in der aktuellen Projektphase weiter ausgearbeiteten Inhalte ab dem 1. Quartal 2022 technisch umgesetzt.
  • Der Start des Modellbetriebs der Plattform ist ab dem 3. Quartal 2022 vorgesehen.
  • Ziel ist es, mit einer zur Sozialplattform komplementären Suchtberatungsplattform, schnellstmöglich geeignete Rahmenbedingungen für eine qualitätsgesicherte und strukturierte digitale Versorgung von suchtkranken, suchtgefährdeten und ratsuchenden Menschen zu schaffen und die Plattform in langfristig tragende Strukturen zu überführen.

 

Kooperationsstruktur NRW

  • Die Geschäftsstelle der Suchtkooperation NRW ist seit Dezember 2020 in der AG DigiSucht und an der OZG-Umsetzung in NRW beteiligt. Die suchthilferelevanten NRW-Gremien der Freien Wohlfahrtspflege und der Kommunalen Spitzenverbände werden z.B. auch durch den Beirat der Suchtkooperation NRW am Prozess beteiligt.
  • Die Geschäftsstelle der Suchtkooperation übernimmt als NRW-Landeskoordinierung Digitale Suchtberatung die Kommunikation des DigiSucht/OZG Vorhabens in NRW.
  • Alle Entwicklungen des Projekts werden transparent in den unterschiedlichen Gremien vorgestellt (AG Suchthilfe, BAGLS, DHS). So kann die Einbeziehung der Expertise der Suchthilfe auf Landes- und auch auf Bundesebene stets sichergestellt werden.

 

Technische Voraussetzungen zur Arbeit mit der Suchteratungsplattform

Die Plattform soll mit möglichst geringen Hardware-Anforderungen sowie ohne spezielle Software genutzt werden können. Technische Voraussetzungen:

a. Internetverbindung – kabelgebunden oder kabellos (3G oder 4G/LTE) mit bis zu 3 Mbit/s Upload/Download je parallelem Videochat, Bsp.: 10 Berater arbeiten parallel im Videochat erfordert mindestens 30 Mbit/s
b. Endgerät – PC/Mac (macOS X, Windows 7+, Linux Derivate – empfohlen werden Geräte mit Dual Core 2 Ghz+ Prozessor und 4 GB RAM), Tablets und Mobilgeräte (iOS- und Android-Geräte)
c. Internetbrowser – IE 11+, Edge 12+, Firefox 27+, Chrome 30+, Safari 7+
d. Lautsprecher und Mikrofon – eingebaut oder als USB-Plug-in oder kabellos über Bluetooth
e. Webcam oder HD-Webcam – eingebaut oder als USB-Plug-in

 

So geht es weiter für die Suchtberatungsstellen in NRW

  • Im 3. Quartal 2022 hat die Suchtberatungsplattform den Modellbetrieb aufgenommen.
  • Der Betrieb wird seit Anfang 2023 nach und nach auf alle interessierten Beratungsstellen ausgeweitet und das Angebot wird an die Zielgruppen kommuniziert.
  • Was muss eine interessierte Suchtberatungsstelle nun tun? Vor dem Einstieg in die Nutzung der digitalen Plattformen sind Schulungen der beteiligten Beraterinnen und Berater notwendig. Diese Schulungen werden über die Geschäftsstelle der Suchtkooperation NRW organisiert. Melden Sie sich gerne bei uns!

 

Hilfreiche Links zum Themenbereich digitale Beratungsarbeit

 

 

Rückfragen gerne an Dr. Anne Pauly                                          oder                     Melanie Wolff
(Leitung der Geschäftsstelle der Suchtkooperation NRW)                            (Projektreferentin)

0221 – 809 6749                                                                                                                    0221 - 809 3966

a.pauly@suchtkooperation.nrw                                                                               m.wolff@suchtkooperation.nrw