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08 März_ein Essay

Die Ursprünge des internationalen Frauentags finden sich 1908 in den USA. Die Frauenorganisation der Sozialistischen Partei Amerikas riefen den „Frauentag“ ins Leben. Es wurde für das Frauenwahlrecht demonstriert. Der Tag verbreitete sich im Laufe der Jahre auch in Europa und wurde 1975 weltweit von der UNO institutionalisiert. (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung)

 

116 Jahre später: Der internationale Frauentag steht für die Gleichstellung von Frauen und den Schutz vor Gewalt gegen Frauen und bleibt in seiner Existenz relevant. Grundsätzlich. Und auch in Bezug auf drogengebrauchende Frauen, frauenspezifische Suchthilfeangebote und Schutzräume für Frauen.

 

Die Studie „Frauen in Drogenszenen“ von Christiane Bernard aus dem Jahr 2013, sowie einrichtungsbezogene Daten der Basisdokumentation von ragazza e.V. von 2021 belegen das mit erschreckenden Zahlen. „Nach Bernard geben 72% an, im letzten Monat Gewalt erfahren zu haben. Unter den befragten Besucherinnen der Anlaufstelle ragazza e.V. gaben 57% gegenwärtige sexuelle Gewalterfahrungen und 73% gegenwärtige physische Gewalterfahrungen zum Befragungszeitpunkt an. Insbesondere die life-time Gewalterfahrungen sind bei den befragten Besucherinnen des ragazza e.V. besonders hoch: so erlebten 95% körperliche und 98% sexuelle Gewalt in ihrem Leben“ (Korte-Langner, S. 43)

 

Gewalt gegen Frauen beginnt jedoch nicht „erst“ mit körperlicher oder sexualisierter Gewalt oder gar einem Femizid. Sie beginnt mit einer abwertenden und frauenverachtenden Haltung. Mit Aussagen wie „Heul nicht, wie ein Mädchen“ der Objektifizierung von Frauen und einem sexualisierten Frauenbild.

 

Die Frage ist, wie diese Haltung aufgelöst werden kann. Ein sensibler Blick auf Sprache und eine differenzierte Berichterstattung wäre ein Anfang. Es sollte von Femiziden anstelle von „Familiendramen“ oder „Beziehungstaten“ gesprochen werden. Und: Bei der Berichterstattung über sexualisierte Gewalt darf keine Täter*innen-Opfer-Umkehr stattfinden. Es darf nicht die Verantwortung der Frauen sein, dafür zu „sorgen“, dass sie keine Opfer werden. Die Verantwortung liegt bei den Täter*innen! Es liegt nicht am vermeintlich zu kurzem Rock, am schlecht beleuchteten Heimweg oder am Konsum von Alkohol und Drogen. Es - liegt - an - den – Täter*innen!!! Und die Haltung der Gesellschaft ist beeinflussbar. Eine sensible, differenzierte Berichterstattung hat maßgeblichen Einfluss auf die Betrachtungsweise der Gesellschaft auf solche Taten.

 

Die Gleichstellung aller Geschlechter funktioniert nur, wenn alle Geschlechter mitwirken. Das Rollenbild von (toxischer) Männlichkeit, das zu Gewalt führt, und die Vorstellungen in der Gesellschaft von „männlichem“ Verhalten müssen aufgelöst werden. Dennoch ist es eine Tatsache: Über 80 Prozent der Gewaltstraftaten in Deutschland werden von Männern begangen. (vgl. Deutschlandfunk) Es geht um Macht, Kontrolle, Besitzansprüche, Gewalt als hilflose Reaktion und erlernte Verhaltensmuster.

 

Aus diesem Grund und solange das Patriarchat nicht abgeschafft ist, braucht es Schutzräume für Frauen, insbesondere für drogengebrauchende Frauen, die besonders vulnerabel sind und ein erhöhtes Risiko haben, patriarchale Gewalt zu erleben.

Und noch mehr: Es braucht Schutzräume für alle, die von patriarchaler Gewalt betroffen sind.

 

Zum Abschluss noch ein kurzer Exkurs zum Namen „internationaler Frauentag“. Er ist historisch geprägt. Mit Betrachtung auf die Entwicklung und den Stand „Heute“ und mit besonderem Augenmerk auf sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und mit Blick auf intersektionalen Feminismus, wirkt der Name überholt. Der Tag widmet sich Frauen. Allen Frauen. Aber eben auch allen Menschen, die von patriarchaler Gewalt betroffen sind. (Spoiler: das können auch Männer sein.)

 

Hinweis:

Opfer von sexualisierter Gewalt können anonym die Spuren der Gewalttat sichern lassen, damit möglichst zeitnah nach der Tat die Spuren gesichert werden. Ganz unabhängig von einer Strafanzeige. Mehr Infos dazu finden Sie hier.

 

Quellen

Bundeszentrale für politische Bildung (2020): 8.März: Internationaler Frauentag https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/287033/8-maerz-internationaler-frauentag/, zuletzt geprüft: 04.03.2024.

Deutschlandfunk (2018): Mann: Täter, Frau: Opfer. Wie Geschlechterrollen unser Verhalten bestimmen https://www.deutschlandfunkkultur.de/mann-taeter-frau-opfer-wie-geschlechterrollen-unser-100.html zuletzt geprüft: 04.03.2024.

Korte-Langner (2023): Drogengebrauchende, der Sexarbeit nachgehende Frauen – von der Notwendigkeit frauenspezifischer Schutzräume. In: Lieb, C.; Stöver, H. (Hrsg.): Gender.Frau.Sucht. (S. 39-50).