Rassismuskritik meets Suchthilfe
Im Mittelpunkt des Tages stand der Zusammenhang zweier hochkomplexer Themenfelder:
Suchterkrankungen und deren Prävention sowie Behandlung und gesellschaftliche Macht- und Diskriminierungsstrukturen wie Rassismus, Sexismus, Klassismus oder Queerfeindlichkeit, oft auch sektorenübergreifend.Prof. Dr. Karim Fereidooni eröffnete den Fachtag mit einem Hauptvortrag, der eindrücklich aufzeigte, wie tief gesellschaftliche Ungleichheiten in Institutionen eingeschrieben sind – und wie wichtig es ist, diese Mechanismen auch in der Suchthilfe kritisch zu reflektieren.
In seinen Ausführungen legte er folgende Definition von Rassismuskritik zugrunde:
"Wann, wie und zu welchem Zweck wurden bzw. werden Menschen zu anders- und fremdartigen, sowie minderwertigen und gefährlichen Wesen gemacht und welche Auswirkung hatte bzw. hat das für diese Menschen bzw. welche Funktion hat das für die gesamte Gesellschaft?" (Atali-Timmer/Fereidooni/Schroth (in Druck): Rassismuskritische Polizeiforschung – Eine Spurensuche. In: Daniela Hunold und Tobias Singelnstein (Hrsg.), Rassismus und Diskriminierung in der polizeilichen Praxis. Eine Bestandsaufnahme. Springer VS.)
Gesellschaft im Wandel – Suchthilfe im WandelDie bundesdeutsche Gesellschaft ist von Superdiversität geprägt: hier leben Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion, sozialer Lagen, Altersgruppen, Geschlechteridentitäten und sexuellen Orientierungen. Diese Vielfalt spiegelt sich natürlich auch bei den Menschen wider, die entweder selbst von Suchterkrankungen oder als Angehörige betroffen sind. Damit stellt sich für die Suchthilfe die zentrale Frage: "Wie gestalten wir ein Hilfesystem, das ebenso vielfältig und sicher ist wie die Menschen, die es nutzen?"
In den neun Workshops standen verschiedene Aspekte von Diversität im Mittelpunkt. Klar wurde: Es gibt keine einfachen Lösungen, jedoch viele wichtige Impulse.
Das Format des "Workshops für alle" hatte im Anschluss die Übertragung auf den eigenen Arbeitsbereich zum Ziel. Die Teilnehmenden des Plenums widmeten sich in drei Gruppen, angeleitet durch die Moderatorin Okka Gundel, jeweils den Perspektiven der "Träumer:innen", "Realist:innen" und "Skeptiker:innen". Welche Wünsche kamen zum Vorschein, welche Widerstände und Stolpersteine machten sich bemerkbar und wo zeigten sich Möglichkeiten, auch mit kleinen Schritten Veränderungen anzustoßen? Die Methode ermutigte die Teilnehmer:innen zur Reflexion der eigenen Haltung und Umsetzungen in den Arbeitsalltag.
Der 12. Kooperationstag Sucht NRW machte deutlich, dass
Vielfalt und Superdiversität gesellschaftliche Realität sind und sich so auch im Suchthilfesystem wiederfinden. dass Rassismuskritik bzw. Diskriminierungssenibilität als Teil der Professionskompetenz verstanden werden sollte. die Entwicklung hin zu einer diskriminierungssensiblen und diversitätsgerechten Suchthilfe Offenheit, Selbstreflexion und strukturelle Veränderungen erfordert.